"Von Brockensplittern, Bambina & Hallorenkugeln", lautet der Unter- titel dieses Buches, das sozusagen die Schokoladenseite der DDR vorstellt. Autorin Jana Männig erkundet darin 40 Jahre DDR-Süß- warenindustrie.
Naschereien haben in Mittel- deutschland Tradition, wie die Autorin zeigt: In den 20er Jahren wurde Dresden als "das süße Herz" und "Backstube Deutschlands" bezeichnet. Ein Fünftel der deutschen Kakaoerzeugnisse kamen damals aus Sachsen. Leipzig war das Zentrum des mitteleuropäischen Kakaohandels, und auch Halle, Magdeburg und Berlin waren Zentren der Zuckerverarbeitung und der Schokoladenindustrie. Sogar in Mecklenburg wurde Süßes hergestellt.
Männig belegt, dass die erste Milchschokolade keineswegs in der Schweiz, sondern von Jordan & Timäus in Dresden erzeugt wurde. Diese Firma muss demnach auch als Erfinder der Block- und Tafelschokolade gelten. Erfindergeist bewiesen die Mitarbeiter der Süßwaren-VEB auch in der Nachkriegszeit, als Kakao kaum aufzutreiben war, und in der DDR-Mangel- wirtschaft, als so einige Rohstoffe ersetzt werden mussten, und Ideen daher gefragt blieben. Männig berichtet von Vitalade, diversen Süßtafeln oder Knusperflocken, die das Ergebnis dieser erzwungenen Kreativität waren, und von DDR-Kaugummi, weißer - kakaofreier - Schokolade sowie von wenig appetit- lichen Füllmassen, die auf Möhren, Rhabarber oder Rüben basierten.
Es wird nicht verwundern, dass sich die DDR-Bürger nach dem Mauerfall auf die lang entbehrten "West"-Naschereien stürzten. Die Autorin erzählt in diesem Buch die Geschichte vieler traditionsreicher Unternehmen; sie endet oftmals in den 90er Jahren. Mitunter wurden aus den ehemaligen Volkseigenen Betrieben damals auch die verlängerten Werkbänke der erfolgreichen West-Konkurrenten.
Männig schreibt locker-flockig-boulevardig, was gelegentlich etwas bemüht wirkt. Sie hat aber viel zu erzählen, dieses Buch ist wirklich interessant. Ein bisschen nervig finde ich allerdings das Retro-Design.
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